Was ist Osteopathie? Eine biodynamische Perspektive!

  •  22. März 2022

  • Tim Magdic

  • Heilpraktiker, Physiotherapeut,
    staatlich anerkannter Osteopath (Hessen)

Liebe Leserinnen und Leser,

in diesem Artikel versuche ich, mich einem schwierigen Thema anzunähern, so wie es sich als derzeitiger Standpunkt meiner persönlichen Entwicklung darstellt. Die Herausforderungen fangen mit dem Wort Osteopathie selbst schon an. Es gliedert sich in seine Teile Osteo (= Knochen) und Pathos (= Krankheit / Leiden). Diese Wortwahl suggeriert uns, dass es sich womöglich um eine reine anatomisch bedingte Linderung körperlich bedingter Symptome handelt. Tatsächlich begann Dr. Still seine osteopathische Reise in der Erforschung des Bewegungsapparates. Er studierte sehr intensiv alle Knochen, Bänder, Sehnen und Muskeln. Dann ging er weiter den restlichen Körper zu erforschen: das Organsystem, die Nerven, die Gefäße und das Gehirn etc. – schließlich stellte er sich aber die Frage:

  • Was macht einen Menschen eigentlich aus?
  • Was macht ihn zum Menschen?
  • Warum schlägt das Herz?
  • Sind wir wirklich nur Anatomie und Physiologie?

Menschsein selbst scheint ein großes Mysterium darzustellen. Dieses Mysterium beinhaltet auch die Frage, wo unsere Lebensenergie eigentlich herkommt? Aus dem Herzen, werden Sie vielleicht antworten wollen, von wo der Sinusknoten als Taktgeber des Herzens das Herz selbst zu seiner Pumpaktion des Blutes veranlasst. Wer aber initiiert den Sinusknoten dann?

Hier möchte ich nun gerne mit meiner persönlichen Auffassung starten.

Was mich an der Osteopathie seit jeher begeistert hat, ist die Tatsache, dass sie eine Schnittstelle zwischen Medizin und Spiritualität darstellt. Der Mensch ist nicht einfach nur Gewebe, nicht bloß Geist und/oder Seele, sondern er ist all dies zusammen; und zwar nicht bloß als eine reine funktionale Summation seiner Einzelteile (Ganzheit). Als ich vor 14 Jahren meine Reise der Osteopathie begonnen habe, hätte ich mir nicht vorstellen können, wie tief mich diese Herangehensweise an den Menschen einst berühren würde. Wir dürfen verstehen lernen, dass es eine Kraft gibt, die uns als Menschen erschaffen hat, uns durchdringt und mit Liebe erfüllt. Wenn der Atem des Lebens (die Lebenskraft) sich frei in allen Geweben unseres Körpers ausdrücken kann, entsteht nach meiner Auffassung das, was wir unter Gesundheit verstehen könnten. Wird diese Kraft nun „blockiert“ sei es durch Gedanken, die Emotionen auslösen, Gefühle, physische oder psychische Traumata, Ernährung, Vergiftung etc. ist es möglich, dass Krankheit als Ausdruck eines tiefer liegenden Problems auftritt.

Ich vergleiche das gerne mit der Ölwarnlampe in ihrem Auto: wenn der Motor zu wenig Öl zur Verfügung hat, leuchtet eine rote Lampe an ihrem Armaturenbrett auf, das wäre dann das Symptom. Falls sie sich nun nicht weiter darum kümmern und sie z. B. zukleben und weiterfahren, bekommen sie einen Motorschaden; das wäre dann die Krankheit. Es ist ein einfacher Vergleich, aber ich finde ihn sehr anschaulich. Das heißt, wenn wir davon ausgehen, dass es eine Kraft gibt, die alles erschaffen hat, dann ist sie auch so intelligent, dass sie weiß, wo das Problem liegt und wie man es behebt. So wie der Embryo im Mutterleib in der Regel einem geheimen, aber genau vorgegeben „Bauplan“ folgt und groß und stark und gesund wird, so ist es jedem Körper möglich, einem genau vorgegeben Plan zur Erlangung seiner Gesundheit zu folgen, den wir gemeinhin unter der Rubrik der Selbstheilungskräfte einordnen. Beide Pläne aber, der Bauplan des Lebens und jener der Selbstheilungskräfte, entstammen ein und derselben Quelle: dem Atem des Lebens. Eine interessante Frage für den Leser ist daher vielleicht, wie kann Gesundheit in den Alltag integriert werden?

Gehen wir nun einen Schritt weiter und stellen uns vor, dass wir oft genug z. B. durch unsere eigenen negativen Gedankenmuster unsere Lebenskraft blockieren und uns selbst im Weg stehen. Warum aber entstehen so viele Blockaden in uns? Ein Aspekt scheint mit der modernen Lebens- und Arbeitswelt zu tun zu haben, die uns eine Beziehung zu uns selbst hat verlieren lassen. In einer permanenten Reizüberflutung haben wir womöglich vergessen, was die Dinge und Ereignisse im Leben sind, die uns erst leben lassen und zu Menschen machen. Wir sind mit tausenden Dingen beschäftigt: essen, trinken, Arbeit, Beziehung, Hobbys etc., aber wie viel Zeit verbringen Sie eigentlich mal in Stille, in einer Stille, in der Sie beginnen könnten, sich selbst zuzuhören? Eine Stille, in der Selbstheilung erst ihre vollständige Tiefe erreichen kann. Ich glaube, wir dürften viel mehr in einer Zeit mit uns selbst in Verbindung sein und uns weniger von der Informationsflut in einem Außen ablenken lassen, das uns zunehmend weniger entspricht und gerecht wird.

Was ist nun also die Aufgabe eines Osteopathen?

Um den innewohnenden Behandlungsplan sich entfalten zu lassen, kommt es für den Therapeuten darauf an, sich mit der Kraft zu verbinden, welche genau weiß, wie dieser Plan umzusetzen ist. In der Praxis sieht das so aus, dass es zu einem Behandlungsdreieck zwischen einer universellen Präsenz, dem Therapeuten und dem Patienten kommt. Der Osteopath richtet seine Wahrnehmung auf das, auf welches der Behandlungsplan ihn hinweist und stellt so eine Verbindung zwischen der höheren Präsenz und dem Patienten her. Dadurch kann sich der Behandlungsplan selbstständig ausdrücken und der Mensch als Ganzes (Körper, Geist, Seele) wird in die Lage versetzt, sich zu entfalten. Ich weiß, wir sind jetzt einen großen Schritt gegangen, aber wagen Sie den Versuch und lassen sich auf sich ein und bleiben Sie mit sich verbunden. Am Ende haben alle Ebenen einen Einfluss auf den Körper: Ernährung, Bewegung, Vergiftungen etc., aber aus meiner persönlichen Erfahrung, nach fast 20 Jahren innerer Arbeit, wirkt die seelische Ebene am nachhaltigsten auf uns ein.

Ich hoffe, ich konnte ihnen einen kleinen Einblick in meine Welt der Osteopathie geben. Ich wünsche ihnen von Herzen alles Liebe und bleiben Sie in dieser schwierigen Zeit bei sich, dann werden Sie merken, dass es viel leichter ist, wie es eigentlich scheint.

Herzliche Grüße,
Tim Magdic