Osteopathie bei Funktionsstörungen im Kieferbereich

  •  20. Juli 2022

  • Adrienne Hahn

  • Heilpraktikerin, Physiotherapeutin, Osteopathin

Von Funktionsstörungen im Kieferbereich hört man in den letzten Jahren immer häufiger. Der Fachausdruck hierfür ist „Craniomandibuläre Dysfunktion“ oder kurz „CMD“.

CMD ist allerdings nur ein Überbegriff, da sowohl Symptome als auch Ursachen sehr unterschiedlich sein können.

Symptome, die durch eine CMD hervorgerufen werden können, sind z.B.:

  • Verspannungen in der Kau- und Kiefermuskulatur
  • Erschwerte / eingeschränkte Mundöffnung
  • Knacken, Klicken oder Reiben im Kiefergelenk
  • falsche Bissstellung
  • Kopf- und Nackenschmerzen, v.a. morgens beim Aufwachen
  • Beschwerden im Hals- und Schulterbereich
  • Tinnitus
  • Schwindel
  • Zahnschmerzen (ohne Schädigung des betroffenen Zahns)
  • Unklare Gesichtsschmerzen
  • Ohrenschmerzen
  • Schluck- und Phonationsstörungen
  • Wiederkehrende Blockierungen der Wirbelsäule und des Beckens
  • Fußbeschwerden
  • v. m.

Stress ist ein wichtiger Faktor in der Entstehung einer CMD. Viele Menschen knirschen oder pressen in Stresssituationen mit den Zähnen, v.a. nachts. Häufig wachen sie dann morgens mit Spannungsgefühl im Kiefer- oder Nackenbereich auf oder haben eine eingeschränkte Mundöffnung. Vom Zahnarzt angepasste Aufbissschienen sorgen zwar dafür, dass nicht der Zahnschmelz abgeknirscht wird und optimieren im besten Falle den Biss, können aber in der Regel nicht verhindern, dass der Betroffene mit den Zähnen knirscht oder sie aufeinander presst.

Natürlich spielen auch die Zähne und die Kieferstellung eine wichtige Rolle. Die Stellung des Kiefergelenks wird hauptsächlich durch die Art und Weise, wie unsere Zähne aufeinanderbeißen, bestimmt. Passen die Zähne nicht (mehr) richtig aufeinander, z.B. bei einem Fehlbiss (Überbiss, Kreuzbiss,…), durch eine neue Füllung oder den Verlust von Zähnen (v.a. der Backenzähne) verändert sich die Stellung unseres Kiefergelenkes. Dies hat zur Folge, dass nicht nur die Kaumuskeln anders arbeiten bzw. koordinieren müssen, sondern auch unsere Hals- und Nackenmuskulatur, die eng mit dem Kiefer verknüpft ist. So kann es zu schmerzhaften Verspannungen der Muskulatur kommen oder sogar zu Veränderungen unserer Haltung, was mit der Zeit wieder neue Probleme mit sich bringen kann.

Umgekehrt ist die Haltung wichtig für einen korrekten Aufbiss. Sie können es gerne mal ausprobieren: setzen Sie sich aufrecht hin und beißen die Zähne schnell zusammen. Spüren Sie nun, wie Ihre Zähne zusammenpassen. Jetzt setzen Sie sich einmal ganz krumm hin oder legen den Kopf in den Nacken und probieren es noch einmal. Ihre Zähne werden ganz anders aufeinanderbeißen als bei aufrechter Haltung. Genau wie durch Fehlhaltungen der Wirbelsäule kann es bei einer Veränderung der Beinachsen – z.B. durch die Absenkung des Fußgewölbes oder die Blockierung eines Gelenks – oder einem Beckenschiefstand zu einem veränderten Aufbiss kommen und so eine CMD begünstigen.

Auch systemische Erkrankungen können Ursache oder begünstigender Faktor für eine CMD sein, gleich, ob es sich um eine degenerative, hormonelle, infektiöse, gefäß-  oder stoffwechselbedingte, neurologische oder rheumatische Erkrankung handelt.

Des weiteren können Störungen der Atmung z.B. bei Erkrankungen der Lunge oder Bronchien, häufige Mundatmung z.B. bei chronisch verstopfter Nase oder Funktionsstörungen des Zwerchfells eine CMD auslösen oder verstärken.

Es gibt natürlich noch unzählige weiter Ursachen und begünstigende Faktoren für eine CMD, die aber hier den Rahmen sprengen würden.

Die osteopathische Behandlung einer CMD setzt eine ganzheitliche Betrachtung des Körpers voraus. Der Osteopath schaut sich den ganzen Körper an, um mögliche Ursachen zu finden.

Durch die Behandlung werden Spannungen bzw. Fehlstellungen der betroffenen Strukturen ausgeglichen, die Beweglichkeit und Elastizität der Gewebe  wird verbessert, die Durchblutung gefördert und somit eine Ausgangslage für den Körper geschaffen, die ein reibungsloses Funktionieren der einzelnen Regionen und ihr komplexes Zusammenspiel wieder ermöglichen soll.

Osteopathen arbeiten bei Beschwerden im Kieferbereich auch oft eng mit anderen Berufsgruppen zusammen, z.B. Logopäden, Zahnmedizinern  oder Kieferorthopäden, um eine bestmögliche Versorgung der Patienten zu gewährleisten.